Interview - Putsch im Niger: "Die Folgen sind gravierend"
Nach dem Putsch im Niger hat das Auswärtige Amt jetzt eine Reisewarnung für das westafrikanische Land ausgesprochen. Man habe zuvor die politische Situation im Land komplett falsch eingeschätzt, sagt Robert Kappel, emeritierter Professor für Wirtschaft und Politik in Afrika an der Universität Leipzig.
Niger galt für den Westen lange Zeit als vergleichsweise stabile Demokratie im Nordwesten Afrikas. Doch vor knapp einer Woche hat das Militär Präsident Bazoum abgesetzt und die Macht übernommen. Am Montagnachmittag hat das Auswärtige Abend schließlich eine Reisewarnung für das Land ausgesprochen.
Widerstand der Zivilgesellschaft im Niger
"Die Folgen sind gravierend", sagt Robert Kappel, emeritierter Professor für Wirtschaft und Politik Afrikas an der Universität Leipzig und ehemaliger Präsident des Hamburger GIGA-Instituts. Mit dem Putsch im Niger habe sich das sechste Militärregime in der Sahel-Region etabliert. "Von daher muss darüber nachgedacht werden, wie eine zukünftige Strategie des Westens aussehen könnte", so der Experte.
Es sei eine krasse Fehleinschätzung gewesen, die Demokratie im Niger für relativ gefestigt zu halten, betont Kappel. Die Sicherheitslage im Land sei kritisch und der Terrorismus noch immer präsent. Zum anderen habe die Regierung Bazoum in den letzten Jahren immer wieder zivilgesellschaftliche Kräfte unterdrückt. "Es gab Widerstand und es gab Verhaftungen, und das hat auch zu Unruhe geführt, die aber vom Westen offenbar nicht wahrgenommen wurde", sagt Kappel.
Kappel: Militärisches Eingreifen würde die Lage noch verschlimmern
Mehrere Staaten haben nach dem Putsch gedroht, militärisch einzugreifen. Kappel hält insbesondere die Drohungen der westafrikanischen Wirtschafstgemeinschaft ECOWAS für nicht ernstzunehmend. Das Bündnis habe gar nicht die Möglichkeit, militärisch aktiv zu werden. "Die ECOWAS ist sehr schwach, sie hat schon bei den anderen Militärputschen in Mali und im Tschad nicht eingegriffen", sagt Kappel. Das Bündnis habe keine eigenen Truppen.
Auch das Nachbarland Nigeria wisse, dass eine weitere militärische Intervention nur zu noch größerem Chaos führen würde. "Von daher ist man sozusagen zwischen Pest und Cholera", sagt Kappel. Die Lage für den Westen sei extrem schwierig. "Man muss sehen, ob es weitere Initiativen gibt, um zu einem Abkommen zu kommen, dass diese Militärregierung auch anerkannt wird."