Interview - Music Women* Germany: Backstage gehen ist kein Ja zu Sex
Mehrere Frauen werfen Rammstein-Sänger Till Lindemann vor, sie seien im Rahmen von Konzerten gezielt für Sex rekrutiert worden. Für Anika Jankowski vom Dachverband "Music Women* Germany" besteht ein Machtmissbrauch darin, wenn Frauen mit Forderungen nach sexuellen Handlungen überrascht werden, die vorher nicht abgesprochen waren.
Wann ist Sex einvernehmlich, wann ist er Machtmissbrauch? Das ist im Kern die überfällige Frage, die seit dem Skandal um Hollywood-Produzent Harvey Weinstein diskutiert wird. Aktuell trifft die #MeToo-Debatte die deutsche Musikszene: Mehrere Frauen berichten von einem System, dass dem Rammstein-Sänger Till Lindemann gezielt junge Frauen für sexuelle Handlungen zugeführt haben soll.
"Es ist wirklich ein gesamtgesellschaftliches Problem, dass wir sexuelle Übergriffe seit vielen Jahrzehnten als Kavaliersdelikte abstempeln", sagt Anika Jankowski vom Dachverband "Music Women* Germany". In der Musikszene sei die Frage, wann Sex zwischen einem Star und einem Fan einvernehmlich sei, nicht einfach zu beantworten. Oft seien die Mechanismen auch betroffenen Frauen in einer konkreten Situation nicht ganz bewusst, gibt Jankowski zu bedenken: "Wo hören eigene Grenzen auf, wie positioniere ich mich?"
Jankowski: Nur ein Ja ist ein Ja
Von Machtmissbrauch könne man aber ausgehen, wenn Fans unerwartet mit der Erwartung konfrontiert werden, dass sexuelle Handlungen stattfinden sollen. "Nur weil die jungen Frauen backstage gehen, bedeutet das ja nicht, dass das sofort sexuelle Handlungen nach sich ziehen muss", sagt Jankowski.
Alter, Berühmtheit und Reichtum erzeugten ein Machtgefälle zwischen dem Musiker und seinem Fan. Umso wichtiger sei es, in so einer Situation aktiv Einverständnis einzuholen. "Jeder und jede darf ihre sexuellen Vorlieben ausleben, wie sie oder er das möchte", betont Jankowski. Dabei dürften aber niemals Grenzen von anderen überschritten werden.