Interview - Bildungsexperte: Kleinere Klassen sind nicht die Lösung
Lehrerinnen und Lehrern in Berlin streiken diese Woche wieder für kleinere Klassen. Olaf Köller von der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz sieht darin keine Lösung: Kleinere Klassen würden angesichts des Lehrermangels nur zu mehr unqualifiziertem Personal in den Schulen führen.
In Berlin fordern Lehrerinnen und Lehrer kleinere Klassen. Der Senat hält das für nicht umsetzbar. Zustimmung erhält er dabei von Olaf Köller, dem Co-Vorsitzenden der Ständigen Wissenschaftliche Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz.
Die Forderung nach kleineren Klassen bezeichnet er als falsch: Es herrsche im Moment massiver Lehrermangel, da bedeute "jede Verkleinerung einer Klasse, dass man noch mehr Lehrkräfte einstellen muss, die aber im Moment überhaupt nicht verfügbar sind. […] Wenn wir die Klassen verkleinern, bekommen wir noch mehr unqualifiziertes Personal in die Schulen."
Schüler und Lehrer profitieren oft wenig von Verkleinerung der Klassen
Die Forschung habe außerdem gezeigt, dass Schülerinnen und Schülern durch eine Verkleinerung der Klassen oft nicht profitieren, so Köller, "es sei denn, wir reduzieren die Klassengröße auf zehn Schülerinnen und Schüler, das steht ja aber nicht im Raum." Unqualifiziertes Personal in kleineren Klassen würde den Schülern mehr schaden als qualifiziertes Personal in großen Klassen.
Es seien sich alle einig, dass der Stress der Lehrkräfte reduziert werden müsse. Aber: "Das gelingt besser durch Stressbewältigungstrainings außerhalb der Schule, als wenn man drei Schülerinnen und Schüler weniger in der Klasse hat."
Es sei auch ein Irrglaube, dass in größeren Klassen die Disziplin schlechter sei, sagt der Bildungsexperte: "Es ist häufig sogar so, dass auffällige Schüler in kleinen Klassen viel mehr stören als in großen."
Bildungsexperte "Geld allein macht auch nicht glücklich"
Die Antwort auf die Frage, welche Rolle Geld bei der Misere spielt, bringt Köller auf die einfache Formel: "Geld allein macht auch nicht glücklich. […] Berlin gibt für Schülerinnen und Schüler fast am meisten Geld aus – es spiegelt sich nicht in den Leistungen wider." Das beste Schulgebäude nutze nichts, wenn die Unterrichtsqualität nicht gut sei. Und dafür, so Köller, brauche es eben gut qualifiziertes Lehrpersonal.