Ein Satellitenbild zeigt die Bruchstelle des Kachowka-Damms im Süden der Ukraine. (Quelle: picture alliance/dpa/Planet Labs PBC/AP | Uncredited)
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Interview - Lechte (FDP) zu Kachowka-Staudamm: Sprengung passt in russisches Armeedenken

Riesige Wassermassen haben durch die Sprengung des Kachowka-Staudamms im Kriegsgebiet der von Russland angegriffenen Ukraine Dutzende Ortschaften geflutet. Der FDP-Außenpolitiker Ulrich Lechte erklärt, warum vor allem Russland als Verursacher in Frage komme.

Bisher werfen sich Russland und die Ukraine gegenseitig vor, den Kachowka-Staudamm zerstört zu haben. Ulrich Lechte, der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sieht vor allem Russland als Verursacher. Denn die Zerstörung nutze allein dem von Präsident Wladimir Putin regierten Land.

"Warum sollte die Ukraine ihre eigene Lebensgrundlage zerstören?" Der Staudamm sei wichtig für die Wasser- und Stromversorgung und zur Abkühlung des aktuell heruntergefahrenen Atomkraftwerks Saporischschja. Allerdings könne es sich auch um Materialermüdung handeln, sagt Lechte, denn an dem Staudamm hat es im November bereits eine Explosion gegeben.

Lechte: Mit Blick auf Frühjahrsoffensive würde Ukraine nicht den Fluss durch Flutung vergrößern

 

Zudem spreche gegen die Ukraine als Verursacher auch die geplante Frühjahrsoffensive: "Dann wird man nicht im Aufmarschgebiet eine entsprechende Flutung vornehmen", so Lechte. Den Fluss Dnipro zu vergrößern, wenn man da rübersetzen möchte, bringe den Ukrainern nichts. Es passe hingegen in russisches Armeedenken, diesen Staudamm zu sprengen, wenn Angriffe bevorstehen.

Laut dem FDP-Politiker werde Frieden in der Region erst möglich sein, wenn Russland sich komplett zurückzieht. Das schließe die Krim ein. Deutschland müsse nun humanitäre und technische Hilfe leisten. Auch, damit die Ukraine den Staudamm wieder aufbauen kann. Das sei dringend wichtig für Kühlungsanlagen des AKW Saporischschja. Denn auch ein heruntergefahrenes Kraftwerk muss gekühlt werden. "Entsprechende Atomkatastrophen würden uns alle betreffen", so Ulrich Lechte.

Hintergrund

Ukraine: Ausmaß der Überflutung unklar

Einen Tag nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms in der Südukraine ist das Ausmaß der Überschwemmungen weiter unklar.

Experten zufolge werden die Fluten heute ihren Höhepunkt erreichen. Nach ukrainischen Angaben sind mehr als 40.000 Menschen betroffen.

Das Technische Hilfswerk kündigte an, 5.000 Wasserfilter in die Ukraine zu schicken. Jeder dieser Filter könne eine Familie mit sauberem Wasser versorgen.

Das Agrarministerium in Kiew rechnet mit massiven Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Ersten Schätzungen zufolge werden Zehntausende Hektar Nutzfläche überschwemmt - der größte Teil am südlichen Dnipro-Ufer, in russisch besetztem Gebiet.

Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig vor, den Staudamm zerstört zu haben.