Mohamad Radwan Aljali kommt aus Damaskus in Syrien. Er ist über die Türkei geflüchtet - nach Dänemark, weil er schon als kleiner Junge Wikingergeschichten toll fand. Radwan hat nicht nur die ersten grauen Haare, er weiß auch, dass die Flucht Spuren in seinem Gesicht hinterlassen hat. Deshalb lässt er einen erst mal raten, wie alt er ist. 29 ist richtig, darauf kommen allerdings die wenigsten.

Die Flüchtlingsunterkunft liegt versteckt im süddänischen Uge. Einem Dorf mit einer Hauptstraße, einer Kirche und 520 Einwohnern.

In Damaskus hat Radwan in einer leitenden Position bei einem internationalen Konsumgüterkonzern gearbeitet. In der Flüchtlingsunterkunft ist er jetzt "Chairman" und Ansprechpartner, wenn das Büro nicht besetzt ist.

Wie etwa am Wochenende, an dem geschlossen ist, obwohl "Open" an der Tür steht.

Vor der Unterkunft gibt es zwei Sanitär-Container.

Uge hat viele Wiesen, Acker und Forellenteiche, aber keinen Supermarkt. Deshalb kommt täglich ein Transporter vorbei, der den Flüchtlingen Lebensmittel verkauft.

Die meisten Flüchtlinge in der Unterkunft sind Männer. Aber auch ein paar Familien mit kleinen Kindern wohnen dort.

Unterm Dach wohnt Radwan mit sieben Männern zusammen. Der jüngste von ihnen ist 18.

Die meisten von ihnen haben auf der Flucht alles verloren und sind mit wenig oder nichts in Dänemark angekommen.

Wer Orte ohne Supermarkt kennt, weiß: Da ist auch sonst nicht viel zu holen. Es sei denn, man steht auf einsames Wandern entlang einsamer Landstraßen. Also bleibt als alleinige Abwechselung meist nur das Handy.

Radwan ist alleine von Syrien über die Türkei nach Dänemark geflüchtet. Bei seinem ersten Versuch ist das völlig überladene Boot gesunken – mit ihm sein Koffer und seine Papiere. "Ich hatte Glück, weil ich schwimmen kann", sagt er. "Wenn du in so ein Boot steigst, dann weißt du, dass du dabei sterben kannst. Das Risiko bin ich eingegangen, aber bei meiner Frau konnte ich diesen Gedanken nicht ertragen."

Mittlerweile ist Radwans Frau in der Erstaufnahmestelle in Sandholm angekommen. Wenn sie dort ihre Papiere bekommt, kann sie zu Radwan fahren. Obwohl er schon in Dänemark registriert ist, darf er nicht zu ihr reisen.

In der Unterkunft ist Radwan nicht nur Ansprechpartner, sondern übernimmt auch die Rolle des Imam. Wer möchte, kann täglich mit ihm beten - in der Gruppe...

...oder alleine.

Gruppenbild mit FritzReporter (v.l.n.r.): Alan, Radwan, Omar, Max, Edris, Abed Al Hedi und Walad.