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Inforadio hat am Montag eine neue Wochenserie gestartet - über große Bauprojekte in Berlin. Zum Auftakt sprachen wir mit der Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek, die für mehr Mitsprache der Anwohner plädiert.
Wie lässt sich eine gelungene Stadtentwicklungspolitik in der Praxis umsetzen? Inforadio schaut in dieser Woche auf große Bauprojekte in der Hauptstadt. Etwa in die Flottwellstraße unweit des Gleisdreieck-Parks, wo ein Bauboom für neue Wohnbauten eingesetzt hat. Oder in die City West, zum Humboldthafen und zum Spittelmarkt.
Antje Kapek geht mit geschärftem Blick durch das neue Berlin - sie ist gelernte Geologin und Stadtplanerin. Als Fraktionsvorsitzende der Grünen setzt sie sich politisch für sozialverträgliche Stadtentwicklung ein. Gefallen ihr die aktuellen Veränderungen im Stadtbild? "Berlin ist eine Stadt, die schon immer im Wandel war und ist – und das ist auch gut so", meint sie im Inforadio-Interview. Wichtig sei aber, "dass man nie vergisst, wofür Berlin von Menschen in aller Welt geliebt wird: Für die besondere Mischung an Menschen, an Architektur, an Kunst und Kultur." Deshalb müsse man auch in neuen Kiezen "diese lebendige Mischung" erhalten, sie bereits mitplanen.
Kritik an "Investoren-Retorten"
Es gebe aber positive Entwicklungen: Die City West habe zu Beginn der 1990er Jahre einen Abwärtstrend verzeichnet - dieser sei in den letzten Jahren gestoppt worden, dort gehe es jetzt deutlich aufwärts.
Menschen von Beginn an mitnehmen
Bei den großen Bauprojekten plädierte Kapek für mehr Mitsprache der Anwohner. Es gebe einen "großen Instrumentenkoffer", um Bürger zu beteiligen - allerdings fehle es oft am politischen Willen. Am Park am Gleisdreieck habe man sich zum Beispiel in Sachen Bürgerbeteiligung "tolle Sachen überlegt", am Ende aber nicht umgesetzt. So habe man "mehr Frust als Lust geschaffen".
Wenn es im Wohnumfeld gravierende Veränderungen gebe, dann gebe es bei den Menschen auch Ängste, so Kapek. Kieze seien nicht nur Straßen und Häuser, sondern auch Sozialräume, in denen man sich beheimatet fühle. "Wenn sich die Heimat grundlegend ändert, dann werden die Menschen nervös." Mit diesen Sorgen müssten die Bauplaner umgehen lernen, sie müssten die Menschen von Beginn an mitnehmen. Dies sei beim Tempelhofer Feld nicht geschehen - entsprechend groß sei der Protest gewesen.
Grüne für soziale Wohnraumförderung
Kritisch sieht Kapek, dass es seit Jahren in Berlin keine soziale Wohnraumförderung mehr gebe. Das Land könne deshalb mit Investoren nur auf freiwilliger Basis verhandeln. Beim Freudenbergareal in Friedrichshain sei es gelungen, zehn Prozent der Mietwohnungen sozialverträglich auszuhandeln - doch der Senat müsse generell die soziale Wohnraumförderung in den Haushalt einstellen, so Kapek.
Das Gespräch mit Antje Kapek, die gemeinsam mit Ramona Pop der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus vorsteht, führte Sandra Schwarte.