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Auch während der Berlinale werden Filme gedreht. Der chinesische Künstler und Dissident Ai Wei Wei dreht gerade an verschiedenen Orten in Berlin einen Kurzfilm mit Til Schweiger in einer Nebenrolle - via Skype, von Peking aus. Wie das funktioniert, hat sich Nadine Kreuzahler angesehen.
Der sechsjährige Ai Lao sitzt auf einem blauen Fahrrad. Zum zehnten Mal fährt er jetzt schon ein kurzes Stück am Spreeufer entlang. Er wirkt entspannt, obwohl es kalt ist und ein eisiger Wind bläst. Vielleicht auch, weil er sich selbst spielt. Den Sohn des chinesischen Kozept-Künstlers und Regimekritikers Ai Wei Wei. Der führt nicht nur Regie, sondern spielt ebenfalls sich selbst. Dabei sitzt er in seinem Atelier in Peking - vor Ort in Berlin ist nur sein digitales Video-Ich. Das mischt sich via Skype über Smartphone und Tablet in die Dreharbeiten ein.
"Wei Wei sieht mich, ich sehe ihn, und er sieht zusätzlich das Set, und wenn die Kamera läuft, dann sieht er die Kameraspiegelung," erklärt Produzent Claus Clausen. Er ersetzt Ai Wei Wei in Berlin auf dem Regiestuhl und sorgt dafür, dass alle Einstellungen im Sinne des Künstlers gedreht werden.
"Er hat eine große Vision und ich hab das handwerklich verarbeitet. wir haben auch Details wie Requisiten abgesprochen."
Die Szene auf dem Fahrrad ist Teil einer achtminütigen Geschichte für den Episoden-Film "Berlin I Love You". Sie erzählt von Trennung, Sehnsucht und einer Fernbeziehung in Zeiten des Internets. Und ist eine autobiografische Familienproduktion. Ai Wei Wei kann China noch immer nicht verlassen. Sein Sohn lebt mit seiner Mutter Weng Fen seit einem halben Jahr in Berlin. Sie hat das Drehbuch geschrieben und ist am Set dabei. Trotzdem sei der Film nicht nur persönlich, sagt Ai WeiWei:
"Ich benutze den Film nicht, um mir selbst damit zu helfen. Der Film handelt von Menschen, die aus welchen Gründen auch immer nicht zusammen sein können. Was ihnen bleibt, ist die Kommunikation durch Kunst, Film oder das Internet."
Wie das umgesetzt wird, kann jeder am Potsdamer Platz live miterleben. Eine Leinwand zwischen U- und S-Bahnhof zeigt das Filmteam bei der Arbeit, die Szene, die gerade gedreht wird und Ai Wei Wei in seinem Pekinger Atelier. Dabei wird deutlich: zu kleinen Missverständnissen kommt es auch trotz guter Absprachen manchmal.
"Guck mal, Wei Wei, das hier ist die Box."
"Oh, das ist nicht meine Box. Die Box sollte doch schwarz sein."
"Schwarz? Du wolltest eine schwarze Schachtel? Oh, ich … das wußte ich nicht …"
"Nein, nein, es ist ok. Dann machen wir es so. Ist ok, wirklich."
Die Echtzeit-Übertragung liefert spannende Einblicke in die Filmarbeit. Man bekommt ein Gefühl dafür, wie aufwendig sie ist und wie langweilig doch auch oft.
Am Montag können die Dreharbeiten noch bis 22:00 Uhr auf der Leinwand am Potsdamer Platz verfolgt werden. Der Episodenfilm "Berlin I Love You" soll 2016 in die Kinos kommen.