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Die Asiaten kamen diesmal geballt gegen Ende der Berlinale: Nach Filmen aus China und Vietnam komplettierte am Freitagabend ein japanischer Beitrag die 19 Wettbewerber um den Goldenen und die Silbernen Bären. Unser Kulturredakteur Harald Asel hat ihn gesehen.
Ganz zum Schluss wurden bei dieser Berlinale die großen Fragen gestellt. Zumindest bei Pressekonferenzen: "Interessieren Sie sich für Quantenphysik?" Was soll der Regisseur von "Ten no Chasuke", Chasukes Reise, was soll Sabu da sagen?
Es fängt rasant wie eine Komödie an, wird zum Thriller, wandelt sich zum Melodram und am Ende gibt es eine Botschaft. Das ist viel für einen Film, vielleicht auch ein wenig zu viel. Sabu ist nicht bekannt dafür, dass er mit Einfällen und Bedeutungsebenen geizt. Diesmal schreibt im Himmel für jeden Menschen am Drehbuch seines Lebens ein Engel. Und plötzlich ist aus der Wolke vom "Herrn" zu hören: Mehr Avantgarde.
Das verunsichert natürlich alle - und sie experimentieren. Weil die Leben ja irgendwie verbunden sind, wird aus einem Heiratsantrag im Karaokeclub eine Auseinandersetzung und ein Mädchen, Yuri, kommt vors Auto. Laut Drehbuch in wenigen Stunden.
Um das zu verhindern, wird der Teeservierer, eben der unbedeutende Chasuke, auf die Erde geschickt. Er kann frei handeln, aber auch die Drehbuchautoren des Lebens schreiben um die Wette, die einen für das Gelingen, die anderen dagegen. Wir landen mitten in einem überdachten Markt, treffen auf kriminelle Organisationen, lernen gebrochene Lebensläufe kennen. Die manchmal nach Kinoklassikern gestrickt sind, wenn den Autoren nichts mehr einfällt.
Irgendwann entdeckt Chasuke, dass er heilen kann, sorgt für Menschenaufläufe und kehrt allmählich in sein eigenes früheres Leben zurück, ein Leben als Kellner und als Kleinkrimineller. Spätestens hier hat der Film allerdings längst sein Tempo und seine überbordende Skurrilität verloren. Während die Figuren sich immer größere Freiheit vom Schicksal zu erspielen scheinen, zappelt Sabu immer heftiger im Gestrüpp des Übermaßes an Geschichten, die er unbedingt noch erzählen will. Das wundert nicht, denn Sabu hat seinen eigenen Roman verfilmt.
"Ich bin in erster Linie Filmemacher. Auch als ich den Roman verfasst habe, kam es mir auf das Visuelle an. Aber es gab dort so viele Charaktere, die konnte ich jetzt nicht alle aufnehmen, das war schade."
Die Liebe zu Yuri bringt Chasuke nicht mehr in den Himmel, aber auf eine einsame Insel. Ob die Schlussbotschaft - beten und auf die eigene Kraft vertrauen, nicht ans Schicksal glauben - wirklich so im japanischen Original steht, weiß ich nicht.