- Berlinale-Tipp: Superwelt

Gegen Ende der Berlinale wird es immer schwieriger, einen besonderen Filmtipp aus den verschiedenen Sektionen zu finden. Es laufen eben nicht mehr so viele Filme, ehe das Festival am Sonntag mit dem Publikumstag sein Ende findet. Aber Reiner Veit wurde doch noch einmal fündig: mit dem österreichischen Film "Superwelt".

Nein, in einer Superwelt lebt Gabi nicht. Viel mehr verbringt sie viel Zeit als Kassiererin im Discounter Supermarkt. Und das Super in Supermarkt ist das einzige Super in ihrem Leben. Es ist kein besonderes Leben, das Gabi in einer Kleinstadt zwischen Reihenhaus und Job, Grillen im Garten, ihrem Mann, dem Straßenbauer, ihrem Sohn, der beim Bundesheer dient - und der in Wien verheirateten Tochter lebt. Ein einfaches, auch manchmal tristes Leben, wie es millionenfach gelebt wird.

Gabi ist auch ein bisschen aus dem Leim gegangen und will abnehmen; sie quält sich mit Abnimmkeksen und Schlankheitstees, den sie aus ihre "Mutti ist die Beste"-Tasse trinkt. Es ist ein heißer flirrender Sommertag in Österreich, als irgendwas mit Gabi passiert. Mit Gabi und Gott. Das Presseheft nennt es "einen Blitz aus heiterem Himmel".

Das mit Gott kann man so sehen, das muss man nicht. Vielleicht sind es bei Gabi auch einfach nur die Hormone, die Gabi von jetzt auf gleich so verändern. Sowas passiert Frauen in Gabis Alter. Wie auch immer. Fortan hadert Gabi jedenfalls mit Gott und der Welt und geht. Geht einfach weg aus dem, was Tag für Tag in ihrem Leben ablief wie am monotonen Schnürchen. Gabi geht nicht weit weg, läuft nur in der Umgebung rum - und dabei ist sie dennoch ganz weit weg von allem.

Wir kennen das, ein Weggehen um anzukommen - aber ganz wundervoll inszeniert. Mitfühlend.

Bei den brillanten Dialogen und Monologen in "Superwelt" weiß man oft nicht, ob die nun todtraurig sind oder vielleicht doch eher komisch. Und so nah wie der Film mit seinen Dialogen am wirklichen kleinen Leben ist, so nah dran sind auch seine kleinen Alltagsbeobachtungen - ob Gartenzaunstress mit Nachbarn oder Supermarktszenen.

Nur eins, das merken wir ganz schnell, dass Gabi - ganz großartig gespielt von Ulrike Beimpold - mit ihrer zeitweisen Ver- und Entrücktheit - nichts anderes tut, als ihr Leben neu zurecht zu rücken. Ganz toll.

Die Berlinale im rbb

Das war die Berlinale 2015 im Inforadio

Die 65. Berlinale ist Geschichte - am Samstag wurden die Bären verliehen. Der Hauptpreis ging an den iranischen Film "Taxi" des regimekritischen Regisseurs Jafar Panahi. Bei den Filmfestspielen gab es mehr als 400 Werke aus aller Welt zu sehen - und Inforadio war mittendrin! Hier können Sie noch einmal nachlesen und nachhören, welche Filme bei unseren Kritikern besonders gut ankamen und welche Stars sich auf dem Roten Teppich die Ehre gaben.