Mo, 09.02.2015 - "El Club" und "Als wir träumten"

"El Club" erzählt über einen Ort in Chile, an dem Priester und Ordensschwestern leben, die aus der katholischen Kirche ausgeschlossen wurden. In der rbb-Koproduktion "Als wir träumten" von Andreas Dresen geht es um vier Jugendliche und ihre Umbruchsituation in der Zeit unmittelbar nach der Wende.  

El Club, das ist ein Haus in einem kleinen Ort an der chilenischen Küste, in dem vier Priester und eine Ordensschwester leben- kein Kloster - kein Ort der Stille und Einkehr. Eher ein Ort, über den man gern schweigt, in der katholischen Kirche. Denn hier leben Priester, die keine mehr sein dürfen - die Fehler, ja Verbrechen begangen haben, die zum Ausschluss aus der Kirche führten - unter deren Schutz und Deckmantel sie aber doch weiterleben dürfen.

Pablo Larrain entspinnt über 98 Minuten ein dichtes Drama, das ohne auch nur einmal den moralischen Zeigefinger zu erheben den Deckmantel wegzieht - und schonungslos, in so einfachen wie intensiven Bildern Einblick gibt in diesen Sündenkatalog, in dem Kindesmißbrauch, Misshandlung, Kindesraub ganz vorne stehen - genauso wie das Verdrängen, das Verleugnen dieser Verbrechen.

Das Drama nimmt seinen Lauf, als ein neuer Priester einzieht mit einer ebenso dunklen Vergangenheit. Plötzlich steht ein Mann vor der Tür, der ihm diese Vergangenheit zum Vorwurf macht. Wie ein marktschreierisches Mantra dringt seine Klage über den erlittenen Missbrauch von außen in den Club hinein und konfrontiert seine Bewohner auch mit ihrer eigenen Schuld, die sie so gern vergessen wollen, dass sie den Neuen losschicken, dem Ankläger mit einer Pistole zu verjagen. Der richtet die Pistole allerdings gegen sich selbst, was einen Ermittler aus dem Vatikan auf den Plan ruft. Ein Ermittler der aufdeckt, aber auch wieder zudeckt - den allzu menschlichen Versuch der Priester etwa, wenigstens ihren Platz hier am Rande der Gesellschaft zu halten, ihre entsetzlich schön redenden Rechtfertigungen,

Und wenn am Ende der Priester aus Rom den Club nur unter der Bedingung nicht schließt, dass der als Kind von Priestern missbrauchte Mann hier unter ihrer Obhut leben kann, da ist man von einem guten Ende weit entfernt.  Nichts ist gut in diesem Club, wird doch diese verordnete Buße diese Menschen vermutlich nicht wirklich barmherzig werden lassen. Es gibt vielmehr ein offenes Ende, das die Widersprüche der katholischen Kirche aufdeckt und einen über einen Ausweg aus dieser Widersprüchlichkeit im Ungewissen lässt. Ein sehr starker Film "El Club" von Pablo Larrain.


Gut ein viertel Jahrhundert nach dem Mauerfall macht es Regisseur Andreas Dresen wie so viele andere auch in Deutschland: Er blickt zurück auf die Zeit der Wende, die Zeit des Aufbruchs, der Träume, die viele vor allem Osten Republik hatten. Etwa die vier Freunde, von denen der Film erzählt. Sie erfüllen sich ihren Traum vom eigenen Techno Club, den sie in Leipzig aufmachen - echt Underground - in ruinösen Lagerhallen.

Die vier machen auch sonst gern die Nacht zum Tag, cruisen in geklauten Autos mit lauter Musik durch die zu Partymeile gemachten Straßen. Es geht um das wilde Leben, aber auch den fatalen Gang der Dinge, um Drogen und gegen Nazis in dieser rbb-Koproduktion.

Um Liebe Freundschaft, Treue Betrug, Hoffnung und Absturz geht es - um Träume eben, um wahr gewordene, aber vor allem verlorene Träume. Gemeinsam mit dem Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase hat Andreas Dresen Clemens Meyers vielfach ausgezeichneten Debutroman verfilmt. Herausgekommen sind 117 Minuten, die einen allerdings weitgehend kalt lassen.

Die Erinnerungen, der vier Freunde sie wirken so weit weg, die Träume - sie haben so gar keinen Zauber -, der wilde Aufbruchsgeist kommt gestelzt daher. Irgendwie scheint das Ganze inszeniert, kostümiert - seien es die Auftritte der Nazis, die Rückblenden, als die vier Freunde noch als Pioniere mit rotem Halstuch auf der Schulbank saßen. Oft geraten Dialoge zu Plattitüden, Kontroversen zum Klischee.

"Als wir träumten" von Andreas Dresen - ein eher schwacher Wettbwerbsbeitrag.

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