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Wenn man Schauspielerin Bärbel Stolz eines nicht vorwerfen kann, dann einen Mangel an Selbstironie: Die gebürtige Schwäbin aus Esslingen am Neckar verkörpert in ihrer Rolle als "Prenzlschwäbin" wirklich alle Vorurteile, die man über den gemeinen Schwaben nur haben kann. Reiner Veit hat sich mit ihr getroffen, um mit ihr über neue und alte Heimat zu sprechen.
Sie zählt zu einer der in Berlin unbeliebtesten Volksgruppen und macht auch keinen Hehl daraus: Schauspielerin Bärbel Stolz kommt von der schwäbischen Alb, lebt seit beinahe 20 Jahre in Berlin und sorgt derzeit im Internet als "Prenzschwäbin" für Furore. Dabei gibt sie genau die nervige, zugezogene Yuppie-Frau, die ihren Kindern Namen wie "Xenia-Adelheid" gibt und für die alles immer Bio sein muss. Die der Spießigkeit der alten Heimat entfliehen wollte - und sie stattdessen in ihre neue mitgebracht hat.
Bärbel Stolz hat Schauspiel an der Schule "Ernst Busch" in Berlin studiert. Sie hatte feste Rollen in den TV-Serie "Verliebt in Berlin" und "Türkisch für Anfänger", spielte im Kino-Hit "Fack ju Göhte" mit und stand auch schon auf einer ganzen Reihe Berliner Theater-Bühnen. Doch erst mit der selbst geschaffenen Rolle der "Prenzlschwäbin" hat sie jetzt den Durchbruch geschafft.
Die Entstehung der Video-Reihe, die bei Youtube sechsstellige Klickzahlen erreicht, war reiner Zufall: Eigentlich wollte Bärbel Stolz nämlich nur ein Demo-Video mit schwäbischem Dialekt für ihre Homepage produzieren. Doch die Ideen, die sie gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Bruder dafür entwickelte, gaben so viel Stoff her, dass eine ganze Reihe draus wurde. Jede Woche kommt ein neue Clip heraus, der immer aufs Neue mit den schlimmsten Schwaben-Klischees und dem Hass auf sie spielt.
Doch mit diesem Hass kann Stolz sehr gut leben. In einem ihrer jüngsten Videos bietet sie sich sogar als Projektionsfläche für alle Verfasser von Hass-Botschaften im Internet an – wenn diese dafür die Flüchtlinge in Ruhe ließen. Überhaupt haben für sie Schwaben-Bashing und der Hass auf Geflüchtete etwas gemeinsam: Beide basieren für sie auf Unwissen und Angst davor, dass einem etwas weggenommen werde.
Ob die schwäbische Alb oder doch mittlerweile Berlin ihre Heimat ist, da ist sich Bärbel Stolz nicht sicher: "Heimat ist sowohl ein Ort, an dem man sich geborgen fühlt, aber auch eine soziale Struktur. Insofern ist Berlin eine starke Heimat geworden, aber wenn ich zum Käs-Spätzle Essen eingeladen werde, dann habe ich ein sehr heimatliches Gefühl. Das Schwäbisch sprechen ist für mich auch was Heimatliches – wobei ich auch schön finde, das sich es an- und abschalten kann."