Theodor Piper (stehend, 2.v.r.) zusammen mit seinen Eltern und seinen sechs jüngeren Geschwistern. AD um 1909, Reproduktion: R. Piper

- Lebenslauf und "amtliche Wirksamkeit"

Im Sommer 1921 bewarb sich Theodor Piper erfolgreich um eine Pfarrstelle in Hamburg. In dem Lebenslauf, den er seiner Bewerbung beiegte, zog er ein Fazit seiner elfjährigen Tätigkeit in Seubtendorf.

Ich bin am 15. Februar 1884 in Halle a.d. Saale geboren. Mein Vater wurde als preussischer Wasserbaubeamter oft versetzt und lebt jetzt als Regierungs- und Baurat a.D. in Landsberg a.d. Warthe.

Der Pfarrerberuf wurde in der Familie meines Vaters von jeher sehr häufig ausgeübt. Mein Vateronkel, Ferdinand Piper, war Professor der Theologie an der Universität Berlin und Begründer der christlich-archäologischen Wissenschaft in Deutschland.

Ich besuchte die Gymnasien zu Lingen a.d. Ems, Torgau und Hamm in Westfalen und bestand 1903 in Hamm mein Abiturientenexamen.

Aus innerer Neigung widmete ich mich dem Studium der Theologie. Ich studierte in Tübingen und Berlin, nahm an den Seminarübungen der Professoren Harnack, Gunkel, Kaftan und Kleinert teil und trieb neben der Theologie auch noch kunsthistorische und archäologische Studien unter Leitung der Professoren Wölfflein und Müller in Berlin.

Meine erste theologische Prüfung bestand ich 1907 in Berlin, meine zweite theologische Prüfung 1910 ebenfalls in Berlin. In der Zeit zwischen diesen beiden Prüfungen besuchte ich ein Jahr lang das Predigerseminar in Soest in Westfalen. Dann arbeitete ich 1 1/4 Jahr lang im rheinisch-westfälischen Industriebezirk, zunächst als Synodalvikar in Hattingen a.d. Ruhr und dann als Hilfsprediger in Heisingen a.d. Ruhr bei Essen.

Ich kam dann nach Thüringen und übernahm am 15. August 1910 das Pfarramt Seubtendorf in Reuss j.L. [= jüngere Linie - damalige Bezeichnung für das Fürstentum Lobenstein, Anm.], das sich aus den drei Kirchgemeinden Seubtendorf, Künsdorf und Langgrün zusammen setzt. Am 21. Oktober 1910 verheiratete ich mich mit Anna geb. Stiefelhagen, Tochter des verstorbenen Schulrats Stiefelhagen aus Weissenburg (Elsass) und habe vier Kinder.

"Geistige Weiterbildung und wirtschaftlicher Aufstieg"

Über meine bisherige amtliche Wirksamkeit berichte ich folgendes:

Ich betrachtete es als meine Aufgabe, den mir anvertrauten Gemeinden durch die Kraft der christlichen Religion ein sittlicher Führer zu werden und als solcher auch an der geistigen Weiterbildung und an dem wirtschaftlichen Aufstiege der Gemeinden mitzuarbeiten.

Durch persönliche Fühlungnahme mit den einzelnen Familien und Volkskreisen, durch volkstümliche Gestaltung des kirchlichen Lebens, durch Mitarbeit an der Genossenschaft wie an der Wohlfahrtspflege durch Arbeit an der Jugend und durch Veranstaltungen von öffentlichen Vortrags- und Familienabenden habe ich das Gemeindeleben im Sinne des Evangeliums Jesu Christi zu führen gesucht.

 

Familienfoto, Reproduktion: Anne und Theodor Piper mit ihren Kindern (v.l.n.r.) Ruth, Heinz Peter und Marianne. AD: um 1919

"Vertrauen der Jugend in die Kirche wecken"

Namentlich die Führung der Jugend, so wie sie der "Bund deutscher Jugendvereine" pflegt, lag mir am Herzen. Im Jahre 1913 nahm ich an einem von Walther Klassen geleiteten Lehrgang für Jugendpflege teil.

Mit Hilfe von Jugendheim, Vorträgen, Vorlesen, Singen, Theaterabenden, Volkstänzen, Lichtbildern, guten Büchern und Jugend-Gottesdiensten suchte ich die Geselligkeit der jungen Leute zu veredeln, ihnen die Augen für das wahrhaft Gute und Schöne in der Welt zu öffnen und in ihnen Vertrauen zu ihrer Kirche zu wecken und zu pflegen. Meine Gedanken über die Verbindung von Jugendpflege und Jugendbewegung habe ich in einem beiligenden Aufsatze ausführlich auseinander gesetzt.

Auch meine Frau hat sich vor ihrer Verheiratung als Lehrerin, sowie nachher in Zusammenarbeit mit mir selbst erfolgreich der Jugend gewidmet.

 

Pflege der Kirchenmusik

Auch der Überwindung der übrigen sozialen Nöte des Landvolkes widmete ich meine Arbeitskraft. Als Vorsitzender der Raiffeisen-Genossenschaft konnte ich in Krieg und Frieden das wirtschaftliche Leben meiner Gemeinden in seinem Zusammenhange mit der gorßen Volkswirtschaft kennen und führen lernen.

Als Mitglied der "Thüringer Vereinigung für Heimatpflege" habe ich nicht nur innerhalb meiner Pfarrdörfer, sondern auch in größerem Umkreise namentlich durch Mitarbeit meiner Dorfjugend Freude an der Heimat finden können.

Die Gottesdienste meiner drei Kirchen suchte ich in den Festzeiten des Kirchenjahres durch Pflege der Kirchenmusik, durch Lichtbilder-Gottesdienste sowie durch Weihnachts-Krippenspiele abwechslungsreich und anziehend zu gestalten. Während des Krieges musste ich infolge des Heeresdienstes des hiesigen Lehrers mehrere Jahre lang selbst die Orgel spielen und den Kirchenchor leiten.

 

"Arbeiterschaft für die Kirche wiedergewinnen"

In meinen Predigten und öffentlichen Vorträgen behandelte ich die großen Weltanschauungsfragen unserer Zeit in volkstümlicher Weise. In meinen Mußestunden konnte ich mich zu dem Zwecke eingehend durch theologische, Philosophische und sozialpädagogische Studien weiterbilden.

In meinem theologischen Denken gehöre ich der Liberalen Richtung an. Ich halte es für eine Hauptaufgabe der evangelischen Kirche in unserer Zeit, unter gegenseitiger Duldung der verschiedenen theologischen Richtungen durch die Kraft des Evangeliums Jesu Christi einerseits den Materialismus zu überwinden, und andererseits die sozialistische Arbeiterschaft für die Kirche wiederzugewinnen. An der Erfüllung dieser Aufgaben suche ich, soweit es in meinen Kräften steht, mitzuarbeiten.