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Wegen der Pandemie können Theater ihre Stücke aktuell nur im Internet streamen. Sieht so vielleicht sogar die Zukunft aus? Nein, sagt Shermin Langhoff. Über ihre Visionen für die Zeit nach Corona hat die Intendantin des Maxim Gorki Theaters mit unserer Theaterexpertin Ute Büsing gesprochen.
Noch plant Shermin Langhoff die erste Saison am Berliner Maxim Gorki Theater unter Corona-Bedingungen. Trotz der außergewöhnlichen und schwierigen Bedingungen durch die Pandemie ist die Intendantin aber überzeugt von der Widerstandsfähigkeit des Theaters.
Die Widerstandskraft des Theaters
Schaut man auf die Geschichte des Theaters, hat es sich seitdem es in Säle gezogen ist, nicht mehr wirklich verändert, erklärt Langhoff. "Das Theater hat auch Pandemien wie die spanische Grippe, die Pest oder die Cholera überlebt, die noch viel mehr Menschenleben gekostet haben."
Um die Resilienz des bürgerlichen Raums Theater macht sich Langhoff keine Sorgen. Vielmehr beschäftigen sie die wirtschaftlichen Folgen nach der Pandemie. Langhoff sorgt sich um die kleinen Theater in Berlin und Deutschland.
"Die Pandemie wird vor allem die Vielfalt, Diversität und freie Landschaft der Theater treffen", befürchtet die Intendantin des Berliner Gorki Theaters.
Der Stream als Erweiterung
Grundsätzlich hätten die Folgen der Corona-Pandemie aber auch positive Effekte für das Theater, findet Langhoff. Weil sich das Maxim Gorki Theater schon länger für alternative Zugänge und Partizipation einsetzt, sei die Möglichkeit von frei zugänglichen Theatervorstellungen im Internet unabhängig von körperlichen Einschränkungen oder finanziellen Möglichkeiten auch eine Chance.
Trotzdem, betont Langhoff, kann der Stream nie die echte Theatervorstellung ersetzen. "Er kann aber eine Erweiterung der Möglichkeiten von Theater sowie der Begegnung und Erzählung von Geschichten sein."
Das Besondere am Theater bleibe jedoch das Zusammenkommen und Nacherleben einer Geschichte in einem gleichzeitig spirituellen, emotionalen und politischen Raum. "Das wird auch nicht abreißen", ist sich die Intendantin sicher.
Allerdings erwartet Langhoff auch, dass sich die künstlerische Qualität der Übertragungen von Theaterstücken zukünftig weiter verbessern wird.
Theater für alle ermöglichen
Man könne die Zäsur der Corona-Krise nun auch nutzen, "um zu sehen, was haben wir eigentlich gemacht, warum, für wen und wie?" Das sollte in dieser Phase eigentlich selbstverständlich sein, findet Langhoff. Demenstorechend zeigt das Maxim Gorki Theater auch nur einen Stream pro Woche und ausschließlich Vorstellungen, die das Haus in diesen Zeiten für relevant hält.
Für die Zukunft stellt Langhoff die weitere Diversifizierung des Theaterpublikums in den Mittelpunkt. Dafür brauche es auch politischen Willen. "Wir müssen runter mit den Eintrittspreisen. Wir müssen noch mehr Menschen, die nach der Krise prekarisiert sind, ermöglichen Theater schauen zu können."
Das gelte nicht nur für das Gorki Theater, sondern für alle. Angesichts der drohenden Einsparrungen durch die Corona-Krise sorgt sich Langhoff aber darum, dass genau das Gegenteil eintreten könnte.