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Mit Berufsbildungsreife oder mittlerem Schulabschluss in der Tasche stellt sich vielen jungen Leuten die Frage, wie es jetzt weitergehen soll. Abitur? Studieren? Oder mit einer Lehre gleich eigenes Geld verdienen? Viele Azubis landen in einem Oberstufenzentrum, wo sie neben dem Beruf auch ein vollwertiges Abi ablegen können. Wie das funktioniert, hat sich Inforadio-Reporter Thomas Rautenberg angesehen.
Der 20-jährige Nils ist auf dem Weg zum Anlagenmechaniker für Sanitär- und Klimatechnik und macht gleichzeitig Abitur. Ein neuer Ausbildungszweig am Oberstufenzentrum Max Taut, der berufliche Ausbildung und Hochschulreife unter einen Hut bringen soll. Nils hätte die Leistungen gehabt, um nach der 10. Klasse gleich das Abitur hinzulegen. Aber das wollte er nicht, denn von Schule allein hatte er erstmal genug, er wollte in die Praxis.
Nils ist einer von etwa 220 Jugendlichen, die am Max-Taut-Oberstufenzentrum ein berufliches Abitur machen. Es ist eine Testphase für Schule und Schüler gleichermaßen. Die Ausbildung soll attraktiver werden, die jungen Leute werden in handwerklichen Berufen gebraucht. Ein "berufliches" Abi klingt dabei vielleicht nur wie die zweitbeste Lösung - dabei ist es viel mehr, sagt Schulleiter Michael Nitsche.
Die Max-Taut-Schule in Lichtenberg zählt zu den größten der insgesamt 34 Berliner Oberstufenzentren. Und vor allem auch zu den ältesten: Vor 90 Jahren hat Max Taut das Gebäude mit seiner geschwungenen Fassade konzipiert. Und das mit so viel Weitsicht, dass die Max-Taut-Schule bis heute den Ansprüchen an eine moderne Schule entspricht. Großzügige Klassenräume, ausreichend Fachkabinette und eine Aula für 900 Personen, die wohl berlinweit ihresgleichen sucht.
Nicht nur die Größe und Freizügigkeit der historischen Max-Taus-Schule ist beeindruckend, auch die Ordnung und Sauberkeit fällt sofort ins Auge. Keine Tags, keine Graffitis, kein herumliegendes Papier.
Nicht alle halten bis zum Schluss durch
Doch nicht alle wollen Abitur. Manche wollen nur ihren Facharbeiterabschluss. Maurice schneidet auf das Ende eines Wasserrohres ein Gewinde. Seit einigen Monaten macht der 26-Jährige seine Lehre zum Gas- und Wasserinstallateur bei einer Berliner Firma. Drei Wochen Arbeiten im Betrieb und eine Woche Schule - das ist derzeit sein Alltag. Für ihn ist es bereits der dritte Anlauf, noch einen Berufsschulabschluss zu schaffen.
Nicht alle der 2.600 Berufsschüler gehen am Ende mit einem Abschluss nach Hause. Etwa 25 Prozent der Berufsschüler geben vorzeitig auf. Ihnen bleibt dann nur noch als Ungelernte der Weg zum Jobcenter. Die Gründe sind vielfältig: Mal klappt es in der Schule nicht, mal gibt es Stress in der Firma, sagt Fachlehrer Werner Kienz.
Nils Zimmermann, der im ersten Jahrgang an der Max-Taut-Schule Anlagentechniker mit Abitur werden will, will die vier Jahre Ausbildung unbedingt packen. Wie es danach weiter gehen wird - ob er sich einen Job sucht oder ob er doch noch ein Studium dranhängen wird - das will der 20-Jährige einfach auf sich zukommen lassen.
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