- Das Jahr 1966
Studenten protestieren, langhaarige Jugendliche erhitzen die Gemüter, ein sowjetisches Militärflugzeug stürzt in den Stößensee und die SED feiert Geburtstag. Die Zäsur des Jahres 1966 für Berlin ist aber der Karrieresprung von Willy Brandt. Er wird Außenminister der Großen Koalition in Bonn. Was manche Berlinerinnen und Berliner treulos finden.
Wann beginnt eigentlich das, was wir im Nachhinein 68er-Bewegung nennen? 1966 ist in West-Berlin davon schon eine Menge zu spüren. Selbstverständlichkeiten werden in Frage gestellt und der Vietnamkrieg führt zu heftigen Protesten. Bei einer Demonstration im Februar wird das Amerikahaus mit Eiern beworfen – und es entbrennt eine erhitzte Diskussion darüber, wie man mit den Alliierten in der Stadt umgehen sollte. Sympathien für Vietnam sind in der anderen Stadt-Hälfte quasi Pflicht.
In Ost-Berlin wirkt vor allem noch der Schock des 11. Plenums nach, der Kahlschlag kritischer kultureller Strömungen. Dafür geraten die Feierlichkeiten zu 20 Jahren SED besonders pompös.
Auch wenn die Weltlage weiter kritisch ist, die informellen Kanäle zwischen Ost und West scheinen zu funktionieren. Im April stürzt ein sowjetisches Kampfflugzeug in den Stößensee, eine Ausbuchtung der Havel im britischen Sektor. Die beiden Piloten sterben, wohl beim Versuch, bewohntes Gebiet zu vermeiden. Der Westen zeigt sich dankbar, selbst Willy Brandt würdigt die Piloten – und ihre Leichen und der zuvor geheimdienstlich untersuchte Schrott werden an die Sowjets übergeben.
Unmittelbar an der Mauer entsteht in Kreuzberg das neue Haus des Springer-Verlags. Für den Osten eine Provokation.
"Berlin - Schicksalsjahre einer Stadt", eine Chronik in 30 Folgen – in Zusammenarbeit mit dem rbb Fernsehen.