Namibia: Rinder-Warnhinweis an einer Piste in der Wüste Namib (Bild: Jörg Poppendieck/Inforadio)
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- Namibia: Sehnsucht nach Regen

Wo alles begann: Afrika! Südafrika war die erste, Namibia die letzte Station der Familie Poppendieck auf ihrer Weltreise. In Namibia erleben sie die Bedrohung durch die anhaltende Dürre und den Wassermangel im Land, sehen gleichwohl auch die Schönheit der Natur. Inforadio-Redakteur Jörg Poppendieck, seine Frau Kerstin und ihre sechsjährige Tochter Thandi schildern ihre Erlebnisse zum Abschluss ihrer Reise.

Namibia: Pick-up in der Wüste Namib (Bild: Jörg Poppendieck/Inforadio)
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Jörg: Langsam, gang langsam schiebt sich das allradgetrieben Fahrzeug den steilen Berg hoch - besser gesagt es klettert. Es gibt keine geteerte Straße hoch auf das Plateau, auf das wir wollen, nur einen schmalen Pfad samt Geröll und losem Gestein. Wir sind mit Freunden unterwegs, die hier am Rande der Wüste Namib in einem Naturreservat leben und arbeiten. Vera, Fynn und ihren zwei Kindern wollen uns ihr Zuhause zeigen und das lässt sich am besten von oben bewundern. Wir müssen halt nur noch hoch. Und am Steuer bin ich.  

Kerstin: Oben angekommen, steigen wir mit weichen Knien aus und genießen den kilometerweiten Ausblick. Der ist einen Mischung aus Mondlandschaft und fifty shades of Ocker. Wir sehen die Ausläufer der Tsarisberge und in der Distanz die Dünen der Namib - die älteste Wüste der Welt. Unserer Tochter Thandi und den beiden Kindern von Vera und Fynn ist dieser Ausblick egal, sie klettern auf einem kleinen Hügel herum und sammeln Steine. Beim Blick auf die spielenden Kinder fällt mir auf, wie es um uns herum aussieht. Die wenigen Büsche und das wenige Gras, das hier wächst, sind völlig vertrocknet. Vera, die Biologin ist, sagt, dass das am fehlenden Regen liegt.

Jörg: Die Hauptregenzeit in Namibia ist zwischen Januar und April. In diesem Jahr ist sie allerdings nahezu ausgefallen. Das Land im südlichen Afrika hat den niedrigsten Regenfall seit 90 Jahren erlebt. Es leidet deshalb derzeit unter einer Dürre, wie es sie hier lange nicht mehr gegeben hat. Mittlerweile hat die Regierung deshalb den Notstand ausgerufen und die internationale Gemeinschaft um finanzielle Hilfe gebeten. Sie fürchtet, dass wegen der Ernteausfälle 500.000 Namibier nichts zu essen haben werden.

Auf dem Weg zum Haus von Vera und Fynn sprechen wir mit dem Ökologen über die Dürre, die derzeit in Namibia herrscht und was die Klimakrise für das Reservat bedeutet.

Fynn: "Wenn sich das Klima weiter verändern sollte, würde das für diese Region bedeuten, dass es noch trockener wird. Wenn ihr in 100 Jahren noch mal hierherkommt, gäbe es vielleicht hier noch nur noch Sand und keine Decke mehr aus Gras. Dabei ist die so wichtig für die Struktur der Landoberfläche. Durch das Gras gibt es weniger losen Sand. Wenn es hier windig ist, wird all das leichte Material wie Sand aufgewirbelt." 

Namibia: Farm im Naturreservat am Rande der Wüste Namib (Bild: Jörg Poppendieck/Inforadio)
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Kerstin: Das Leben von Vera, Fynn und ihren beiden Kindern am Rande der Wüste ist so ganz anders als das, was wir aus Deutschland kennen. Sie leben im wunderschönen aber zivilisatorischen Nichts. Das nächste kleine Städtchen ist zwei Stunden Fahrt auf einer Schotterpiste entfernt. Eingekauft wird einmal im Monat. Und dann ist da der Wassermangel. So gedankenlos wie wir in Berlin den Wasserhahn aufmachen, das geht hier nicht. Der Grundwasserverbrauch in dem Reservat wird genau überwacht. Wieviel Wasser wird fürs Waschen, für die Bewässerung der Gemüsebeet oder die Wasserlöcher der Wildtiere verwendet - alles wird genau gemessen. Wasser ist hier besonders kostbar.
Nach fünf Tagen brechen wir wieder auf. Weil wir Namibia weiter entdecken wollen und auch ein wenig aus Rücksicht auf unsere Freunde.

Namibia: Elefanten und Gazellen an einer Wasserstelle im Etosha-Nationalpark (Bild: Jörg Poppendieck/Inforadio)
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Jörg: Anderthalb Tage verbringen wir danach im Auto. Wir reisen ganz in den Norden Namibias. In den Etosha-Nationalpark, wo wir für mehrere Tage campen. Im bedeutendsten Schutzgebiet des Landes leben unter anderem Zebras, Nashörner, Elefanten, Löwen und Hyänen. Ganz zur Freude von Thandi, die solche Tiere sonst nur aus Zoos kennt. Am besten lassen sie sich an künstlichen Wasserlöchern beobachten zum Beispiel im Okaukejo-Camp, wo wir uns auf die Lauer gelegt haben. Auch der Etosha-Nationalpark, der fast so groß wie Brandenburg ist, hat in den vergangenen Monaten kaum Regen gesehen. Wir kommen mit dem Auto an zahlreichen Kadavern vorbei, ob die Tiere an Nahrungsmangel gestorben sind, wissen wir nicht. Aber es ist wahrscheinlich. Die extreme Trockenheit macht auch uns zu schaffen.   

Namibia: Farmer Clemens Voigts (Bild: Jörg Poppendieck/Inforadio)
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Kerstin: Unsere Freundin Vera hat bei unserer Ankunft gesagt: Wenn wir verstehen wollen, was die Dürre für das Land bedeutet, müssten wir uns mal mit Clemens unterhalten. Mit dem 35-Jährigen ist sie zur Schule gegangene. Heute managt er die Rinderhaltung auf der 8.500 Hektar großen Farm Krumhuk im Hochland von Namibia.

Jörg: Clemens zeigt uns einen kleinen Teil der Farm südlich von Windhoek, der Hauptstadt Namibias. Den Hühnerstall und die Gewächshäuser, die mit Grundwasser bewässert werden. In ihnen werden unter anderem Karotten, rote Beete, Lauch, Gurken und Bohnen angebaut -  sogar eine Schlachterei gibt es. Der Großteil der Farmfläche allerdings wird für sogenannte extensive Beweidung genutzt. Das heißt, die Rinder der Farm und die mehr als 1.000 Antilopen, weiden in ihrem natürlichen Lebensraum, der Hochlandsavanne. Die allerdings hat in den vergangenen Monaten so gut wie keinen Regen gesehen. Und wenn es geregnet hat, dann nur einmal kurz und dann wieder lange nicht, so dass das Gras, was durch den Regen zu wachsen begonnen hat, schnell wieder ausgetrocknet ist, erzählt uns der Landwirt.

Rinderfarm in Namibia (Bild: Jörg Poppendieck/Inforadio)
Bild: Jörg Poppendieck/Inforadio

Kerstin: Clemens setzt darauf, dass es im Oktober ein wenig Regen geben wird, spätestens aber im Januar, wenn die eigentliche Regenzeit beginnt. Noch so ein Dürrejahr wäre verheerend für die Farm, sagt er. In den letzten Monaten haben er und seine Kollegen, die Zahl der Rinder auf Krumhuk drastisch reduziert, weil es kein Gras mehr für sie gibt. Von einst 600 sind nur 130 Rinder geblieben. Viele wurden bei Auktionen verkauft.

Jörg: Und das ist derzeit die bittere Realität in Namibia. Die Regierung geht davon aus, dass in den vergangenen sechs Monaten mehr als 60.000 Rinder im Land wegen akuten Wasser- und Weidemangels verendet sind. Die Farmer, die es sich leisten können, kaufen Futtermittel ein. Allerdings gibt es im gesamten Land keines mehr. Es kommt aus Ländern wie Sambia und Südafrika und ist wegen des langen Transports extrem teuer. Für uns heißt es Abschied nehmen. Von Clemens, der Farm Krumhuk und auch von Namibia. Einem Land, dem wir nichts sehnlicher wünschen als Regen.

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rbb/Jörg Poppendieck

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"Investieren Sie in Erlebnisse, nicht in Gegenstände!" Diesem guten Rat folgt Inforadio-Redakteur Jörg Poppendieck: Gemeinsam mit seiner Frau Kerstin und Tochter Thandi reist er ein Jahr lang um die Welt - in Länder, die sie schon kennen und welche, in denen sie noch nie waren. Im Inforadio berichten sie von ihren Erlebnissen als Familie auf Weltreise.