-
Australien ist die vierte Station der Weltreise von Familie Poppendieck, bestehend aus Inforadio-Redakteur Jörg, seiner Frau Kerstin und der gemeinsamen Tochter Thandi (inzwischen 6). Während ihres Aufenthalts im Outback und beim Besuch eines Freundes in den Weinbergen von Adelaide staunen die Drei über die wunderschöne Weite und lernen viel über den komplizierten Umgang der Australier mit ihrer Kolonialgeschichte.
Kerstin: Es gibt Momente da ist es nicht leicht, mit der Veränderungsgeschwindigkeit auf unserer Reise mitzukommen. Dies ist so einer. Vor ein paar Tagen waren wir noch im hektischen Süden Balis, samt Staus und schlechter Luft. Jetzt sitzen wir in einem Campervan und fahren ins australische Outback. Die Straße gehört uns. Kaum Autos, nur vor kreuzenden Kängurus müssen wir aufpassen. Unser Ziel ist ein Zeltplatz in den Flinders Ranges. Ein Gebirgszug in Südaustralien.
Jörg: Mit einem Allradfahrzeug fährt uns Mick durch die Flinders Ranges. Während ich noch meinen Gedanken über meine Heimat nachgehe, zeigt uns Mick sein Zuhause. Er hat einen buschigen Bart, eine stämmige Figur und eine dunkle Hautfarbe. Der 50jährige gehört zum Aborigines-Volk der Adnyamathanha. Micks Vorfahren haben in den Flinders Ranges tausende von Jahren gelebt, bis sie Mitte des 18. Jahrhunderts von weißen Siedlern vertrieben wurden. Sie hatten ihre Heimat, die Flinders Ranges, verloren, die für sie von enormer Bedeutung und Teil ihrer Identität ist. Rituale, Zeremonien und Mythen spielen bei den Aborigines eine große Rolle. So glaubt Micks Volk der Adnyamathanha, dass zwei Schöpfungswesen, zwei Schlangen, den Gebirgszug geschaffen haben.
Jörg: Seit 2009 haben Mick und seine Angehörigen des Adnyamathanha-Volkes auch wieder das Sagen in ihrem Zuhause. Von einem Gericht wurde ihnen ihr angestammtes Land rückübereignet. Die Fahrt mit Mick durch seine Heimat wird irgendwann anstrengend. Das liegt nicht an Mick, sondern an den Außentemperaturen. Die liegen bei 39 Grad. Bei diesen Temperaturen hier zu Fuß unterwegs sein zu müssen und als Jäger und Sammler zu überleben, für uns drei deutsche Touristen ist das nur schwer vorstellbar. Für Micks Vorfahren war das Alltag.
Kerstin: Vier Tage haben wir in den Flinders Ranges im australischen Outback verbracht, der Heimat der Adnyamathanha. Vier Tage in denen wir Dank Mick einen kleinen Einblick in eine Kultur voller spannender Mythen und Geschichten bekamen und seine atemberaubend schöne Heimat sehen durften. Schroffe Berge, tiefe Schluchten, kräftige rote Erde und immer wieder ungestörte Weite. Dazu Kängurus, Emus, Kakadus und Schlangen.
Jörg: Wir verlassen die Flinders Ranges und die Landschaft verändert sich. Es wird flacher, die Erde ist weniger rot. Dann kommen Getreidefelder und dann nach 200 Kilometern wird es wieder hügeliger, grüner. Wir sehen Apfelplantagen und Hänge an denen Wein angebaut wird. Wir sind in den Bergen von Adelaide, den Adelaide Hills. Hier besuchen wir James, ein alter Freund von mir. Wir haben Anfang der 2000er zusammen in Berlin gewohnt. Er hat damals als Kellner im Restaurant Vau am Gendarmenmarkt gearbeitet. Gerade ist James dabei Weinpflanzen zu wässern. Er ist heute Winzer und hat seit drei Wochen ein neues Zuhause. Vom Erbe seines Großvaters hat er eine Farm gekauft, 17 Hektar groß. Noch wachsen hier Kirschen. Es gibt außerdem Schafe, Alpakas und ein Haus in dem er mit seiner Freundin wohnt.
Kerstin: James nimmt uns Drei mit in einem Buggy. Ein offenes, unglaublich robustes Allradfahrzeug, das selbst die steilsten Hänge hoch kommt. James zeigt uns seine Farm. Vom höchsten Punkt seines neuen Zuhauses schauen wir auf die mit Kirschbäumen bepflanzten Hänge, auf einen Teich und auf beeindruckend große Bäume. Um das Bild perfekt zu machen, springen in der Distanz auch noch zwei Kängurus durchs Bild. Wir Berliner Stadtpflanzen sind beeindruckt.
Jörg: Zurück im Farmhaus berichten wir James von unserer Reise. Wir reden über Berlin und wie sich die Stadt seit seiner Abreise verändert hat. Und wir erzählen James von unserem Trip in die Flinders Ranges und dem Aborigines-Volk der Adnyamathanha. Was wir ihm erzählen, ist für James nicht neu. Aufgrund seiner Familiengeschichte hat er sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit der Siedlungsgeschichte Australiens auseinandergesetzt.
Kerstin: James Vorfahren sind Schotten und waren damals im Süden Australiens berühmte Siedler und Pioniere. Sie haben die ersten Kamele ins Land gebracht, aus Pakistan. Im 18. Jahrhundert sind sie mit Pferden und Ochsen hunderte Kilometer landeinwärts gezogen und haben Land in Besitz genommen und Schafe und Rinder gezüchtet. Die dort lebenden Aborigines haben sie verdrängt. Auch bewaffnete Auseinandersetzungen hat es gegeben.
Jörg: Australien hat uns als Familie total begeistert. Die Landschaften, die Weite, die Freundlichkeit, mit der uns begegnet wurde. Einfach unglaublich. Und: Australien hat dazu geführt, dass Teile unserer kleinen Familie unser Berliner Zuhause mittlerweile zumindest in Frage stellen.
Kerstin: Dazu muss man sagen: Jörg und ich wir kommen beide aus Brandenburg. Doch bevor diese Frage wirklich konkret wird, werden wir noch ein paar Monate reisen. Unsere nächste Station ist Neuseeland. Dort leben Freunde von uns, die wir lange nicht gesehen haben und mit denen wir Weihnachten feiern werden. Darauf freuen wir uns natürlich. Jörg und ich auf die Freunde, Thandi auf den Weihnachtsmann.