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"Unsere moderne Gesellschaft ist komplett abhängig davon, dass all diese Systeme, die im Hintergrund längst völlig automatisiert ablaufen, reibungslos funktionieren. Tun sie das nicht, stürzen wir binnen kürzester Zeit zurück ins Mittelalter." Das sagt der Autor Marc Elsberg über sein Buch "Blackout". Darin beschreibt er einen mehrtätigen Stromausfall - die Folgen sind apokalyptisch. Inforadio-Reporter Martin Adam hat nachgefragt: Was würde es für das "vernetzte Ich" tatsächlich bedeuten, was würde passieren, wenn der Strom einfach wegbleibt?
Bevor er antwortet, atmet Frieder Kircher nochmal tief durch: "Unsere Gesellschaft wird massiv beeinträchtigt sein und wir müssen also auch nach zwei Tagen garantiert bereits mit ersten Toten in Folge des Stromausfalls rechnen."
Frieder Kircher ist Branddirektor der Feuerwehrdirektion Nord in Berlin-Marzahn. Und: er ist zuständig für die Berliner Notfallpläne der Feuerwehr bei Stromausfällen. Großen Stromausfällen: "Das wird dann interessant, wenn mehrere Bezirke von einem Stromausfall betroffen sind und wenn dieser Stromausfall über vier, fünf Stunden geht - und keiner kann uns eine Aussage machen, wann der Stromausfall beendet ist."
Ohne Strom fehlt uns schnell deutlich mehr als nur Licht. Telefon? Gibt's nicht mehr. Die meisten Festnetztelefone hängen am Stromnetz - ebenso wie Mobilfunkmasten. Und ohne Router gibt's auch kein Internet. Das Smartphone lässt sich dann nur noch als Taschenlampe nutzen. Die werden wir auch brauchen, zum Beispiel auf der Suche nach den Bargeldreserven unterm Kopfkissen. Denn Bankautomaten funktionieren nicht mehr, Kartenzahlung erst recht nicht, und nur wer Bares hat, kann sich noch Lebensmittel kaufen - solange sie ohne Kühlung noch genießbar sind.
Das Problem der Abwasserversorgung
Ampeln fallen aus, Heizungen funktionieren nicht mehr - zum richtigen Problem wird jedoch Wasser: "Die Wasserversorgung ist zwar in großen Teilen notstromversorgt, aber das wird nicht, das Netz in der üblichen Form mit Druck zu versehen. Die Abwasserversorgung ist allerdings das riesen Problem, weil die viel flächendeckender ist. Und sie brauchen ja teilweise Pumpwerke, da müssen Sie mehr oder weniger das System schließen." Mit anderen Worten: die Stadt wird stinken.
Frieder Kircher sagt, die Wahrscheinlichkeit, dass der Strom so lange und flächendeckend ausfällt, ist sehr gering - aber sie ist nicht gleich null. Deswegen müsse sich die Feuerwehr vorbereiten. Wie, das sieht man auf dem Turm der Feuerwache: "Das hier ist einer der Standorte einer Antenne des Tanknotstromsystems." Die große Antenne ist eine von über 20 in einem unabhängigen Funknetz für den Notfall. Damit lässt sich automatisch steuern, dass die Notstrom-Generatoren der Feuerwehr mit Diesel versorgt werden. Zukünftig sollen auch Krankenhäuser und Polizeistationen an dieses "Tanknotstromsystem" angeschlossen werden.
Suchen Sie den Leuchtturm!
Geplant ist auch ein Netzwerk aus Informationspunkten für die Bevölkerung - sogenannten Katastrophenschutz-Leuchttürmen: "Ein System von etwa 60 Punkten in der Stadt, die notstromversorgt sind, wo Informationen zusammenlaufen können, auch Sammelpunkte, wo Leute hinkommen können, ich möchte gerne helfen, was kann ich tun."
Den nächsten Leuchtturm findet man ganz leicht - er ist die einzige Lichtquelle im Dunkel. Berlin sei damit schon vergleichsweise gut vorbereitet, sagt Frieder Kircher. Vor allem aber komme es auf UNS an. Haben wir Notfallvorräte zu Hause? Und helfen wir uns gegenseitig oder werden wir zum plündernden Mob? Der größte Risikofaktor im Notfallplan - sind wir.