Berlins hässliche Ecken - Saubermachen? Reicht nicht!
Berlin verwahrlost immer mehr. Das ärgert Inforadio-Hörer Georg Bassenge enorm. Der 36-Jährige findet, dass Berlin teilweise aussieht wie eine Müllhalde mit einer Infrastruktur aus den 60er-Jahren: Unmodern, abgelebt, verbraucht. Darüber konnte er mit Ramona Pop von Bündnis90/Die Grünen diskutieren.
"Arm, aber sexy!" So beschrieb Klaus Wowereit einst die Hauptstadt. Doch wenn man sich in ihr umschaut, sieht man das "arm" sofort – vom "sexy" bleibt aber nicht viel übrig. Berlin gibt ein erschreckendes (Stadt-)Bild ab: Müll, Wildwuchs, Vandalismus – die Stadt verwahrlost zusehends. Nach Unfällen ausgebeulte Leitplanken werden nicht repariert, die Mittelstreifen wachsen mit Unkraut zu, überall sind Schmierereien und wild geklebte Plakate.
Berlin: unmodern, abgelebt, verbraucht
Der Ur-Berliner Georg Bassenge will das nicht mehr sehen. Das Bild, das er von Berlin hat, ist unmodern, abgelebt, verbraucht. Das sei einer internationalen Metropole nicht würdig, meint der 36-Jährige, der als Vertriebsleiter ganz Europa und die USA bereist und regelmäßig sieht, wie es denn aussehen könnte. Dabei stören ihn aber eben nicht nur Schmierereien und Dreck, sondern vor allem die städtebaulichen Verfehlungen, wie er am Beispiel Bundesallee erklärt: "Das Straßenbild ist runtergekommen, dadurch, dass es nicht gepflegt ist, aber auch dadurch, dass seit den 60er-Jahren keine neuen Straßenmöbel aufgestellt wurden."
Ramona Pop fordert ein Investitionsprogramm
Bassenge wünscht sich ein ganzheitliches Konzept für die Berliner Stadtraumgestaltung. Mit seiner Kritik rennt er bei seiner Diskussionspartnerin Ramona Pop von den Grünen offene Türen ein: "Sie haben völlig Recht, hier ist nichts investiert worden. Berlin hat eine niedrige Investitionsquote, es ist an der Infrastruktur der Stadt gespart worden. Wir schieben inzwischen einen 15 Millionen – Investitionsstau vor uns her und das sieht man einer Stadt dann auch irgendwann tatsächlich an. Wir brauchen ein richtiges Investitionsprogramm für die nächsten zehn Jahre."
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Berlins "Hässlichkeits-Vorsprung"
Auch Stadtentwicklungsberater Aljoscha Hofmann, der als Experte mit am Tisch steht, attestiert Berlin einen "Hässlichkeits-Vorsprung". Gerade die Bundesallee als Relikt der autogerechten Stadt sei ein schönes Beispiel für Stadtraum, wie er heute nicht mehr aussehen sollte. Sie biete aber auch viele Möglichkeiten: Man könne sie benutzen, um den Rückbau hin zur Fußgänger-, Fahrrad- und Auto-freundlichen Stadt zu generieren.
Ein Problem: Die Zuständigkeiten sind sehr fragmentiert
Doch neben dem fehlenden Geld scheint ein Problem das mangelhafte Zusammenspiel von Senat und Bezirken zu sein, meint Inforadio-Hörer Georg Bassenge. Sein Eindruck: Die Verantwortung wird hin- und hergeschoben. Den Eindruck einer wenig effizienten Verwaltung bestätigt auch Experte Hofmann: "Es ist ein großes Problem, dass die Zuständigkeiten sehr fragmentiert sind. Es gibt verschiedene Abteilungen innerhalb der Senatsverwaltung, die beteiligt werden müssen. Es gibt im Bezirk verschiedene Ämter, die beteiligt werden müssen. Und alle diese haben unterschiedliche Interessen und unterschiedliche finanzielle Ausstattung. Und da liegen die Knackpunkte."
"Da muss man geschlafen haben"
Ramona Pop bringt deswegen eine Stabstelle "Saubere Stadt" ins Spiel, die solche Planungen in einer Hand halten sollte. Die Stadtentwicklung müsse endlich modernisiert werden. Inforadio-Hörer Georg Bassenge geht vor allem mit der Erkenntnis aus der Diskussion, dass es erstaunlicherweise in einer Stadt voller innovativer Start-Ups und kreativer Menschen kein Konzept für die Berliner Stadtgestaltung gibt: "Ich möchte der Verwaltung nichts vorwerfen, aber da muss man an gewissen Stellen deutlich geschlafen haben in den letzten Jahren."