Alice Weidel (l), Fraktionsvorsitzende der AfD, und Tino Chrupalla, AfD-Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender, unterhalten sich im Bundestag.
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Interview - Politologe: "Begriff der 'Remigration' wird in der AfD hoffähig"

Nach den Enthüllungen zu einem Treffen von Rechtsextremen in Potsdam, an dem auch AfD-Politiker beteiligt waren, hat der AfD-Bundesvorstand diese Woche ein Positionspapier zum Begriff "Remigration" verbreitet. Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder sieht darin ein Zeichen, dass Unruhe in der Partei herrscht.

Die AfD habe das Thema "irreguläre Migration" von Anfang an ins Zentrum ihrer Programmatik gerückt, erklärt Politologe Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel. "Durch die Potsdamer Veranstaltung sind sie jetzt sehr unter Druck geraten", sagt er. "Da ist aus ihrer Sicht der Eindruck erweckt worden, dass die AfD eine gegen den Rechtsstaat und seine Gesetze gerichtete Form der Abschiebung, also konkret: der Deportation, mit vorbereite."

Das habe zu "unglaublicher Nervosität" bei der AfD geführt, meint Schroeder. Das zeige sich daran, dass der Bundesvorstand am Mittwoch eben jenes Positionspapier herausgebracht hat, "wo noch mal geklärt wurde, was die AfD unter 'Remigration' versteht", so der Politikwissenschaftsprofessor. "Interessant für mich war: Wenn man sich die bisherigen Programmpapiere angeschaut hat, war der Begriff 'Remigration' gar nicht drin, sondern da ging es immer um Rückführung und so weiter."

Ein Begriff der Identitären Bewegung


Die Formulierung "Remigration" sei vor allem von der Identitären Bewegung, einer rechtsextremen Gruppierung, stark propagiert worden. Und jetzt werde der Begriff "in der AfD hoffähig gemacht", sagt Schroeder. Das habe sich etwa schon beim letzten Europaparteitag gezeigt.

Es gebe in der AfD immer wieder "einzelne Persönlichkeiten und einzelne Kontexte", in denen der Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gedehnt oder überschritten werde, so der Politikwissenschaftler. Davon müsse sich die Parteispitze deutlich distanzieren, wozu sie oft sehr lange brauche. Außerdem ergreife sie nur sehr zögerlich und erst sehr spät Maßnahmen gegen die betroffenen Politiker.

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