Demonstranten vor dem Roten Rathaus bei einer Kundgebung gegen Rechtsextremismus, ein Plakat "Nie wieder" wird hochgehalten.
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Interview - Historiker: "70 Prozent wählen nicht AfD und verteidigen Demokratie"

Bei Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und die AfD warnen zehntausende Menschen bundesweit vor einer Verbreitung rechten Gedankenguts. Direkte Parallelen zur Machtübernahme der Nationalsozialisten zu ziehen, sei problematisch, sagt Historiker Michael Wildt. Doch auch heute gebe es einen Angriff auf den Rechtsstaat - genau wie damals.

"Geschichte wiederholt sich nicht", sagt Historiker Michael Wildt, der an der Humboldt-Universität in Berlin zur NS-Zeit forscht. Die Unterschiede zwischen der Zeit des Nationalsozialismus und heute lägen auf der Hand. So habe die NSDAP damals mit der SA "eine 400 000 Mann starke Bürgerkriegsarmee" gehabt. "Davon ist heute - gottlob - nichts in Sicht", so Wildt.

Angriff auf den Rechtsstaat


Allerdings gebe es auch eine Gemeinsamkeit, wenn man die beiden Zeiträume vergleiche, erklärt er: "Diese schleichende Erosion des Rechtsstaates oder der Angriff auf den Rechtsstaat - das ist in der Tat etwas, das es auch schon Ende der Weimarer Republik gegeben hat und was sicherlich den Weg bereitet hat für den Machtantritt der Nationalsozialisten."

Um Rechtsextremismus etwas entgegenzusetzen, sei "die politische Auseinandersetzung das zentrale - das war auch in Weimar so", meint der Historiker. Nur damals habe das Parlament kaum Einflussmöglichkeiten mehr gehabt. "Das ist heute anders", so Wildt. "Und es ist wichtig, dass die Parteien sich miteinander und mit der AfD auseinandersetzen und deutlich machen, dass das, was die AfD will, nicht mit der Verfassung und unserem Rechtsstaat vereinbar ist."

Wildt: "Demonstrationen machen Mut"


Die AfD sei keine demokratische Partei, davon sei er überzeugt, sagt der Geschichtswissenschaftler. "Was mich sehr beunruhigt und was auch Politikerinnen und Politiker beunruhigen kann, sind die Umfrageergebnisse: Dass eine große Mehrheit die Demokratie nicht mehr für eine besonders förderliche, unterstützenswerte politische Ordnung hält." An dieser Stelle müsse man ansetzen.

Die Menschen müssten auch im Alltag das Gefühl haben, mitreden und mitbestimmen zu können, meint Wildt. Die aktuellen Demonstrationen und Proteste gegen Rechtsextremismus halte er für "ganz wichtig", weil sie das Gefühl der Lähmung beenden. "Das ist ein Schwung, der auch Mut machen sollte, jetzt offensiv gegen die AfD vorzugehen. Es gibt 70 Prozent, die nicht AfD wählen - und das sind diejenigen, die im Moment unsere Demokratie verteidigen."

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