Christin Nichols bei der Premiere der zweiten Staffel der Serie "All You Need" im Filmpalast Köln (Bild: picture alliance/Panama Pictures/Christoph Hardt)
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Vis à vis - Christin Nichols: "Ich bin mitten im Auge des Tornados"

Christin Nichols ist eine vielseitige Künstlerin. Sie spielt Theater, dreht fürs Fernsehen und singt. Kürzlich ist ihr zweites Soloalbum "Rette sich, wer kann" erschienen. Im Gespräch mit Anja Caspary erklärt die Wahlberlinerin, wie sie es schafft, schwere Geschichten leicht zu verpacken.

Aufgewachsen ist Christin Nichols in Bünde, in Nordrhein-Westfalen, in einer Gegend, in der es eine englische Kaserne, englischsprachige Schulen und Supermärkte gab. Ihr Großvater war als britischer Soldat in Deutschland stationiert. Den englischen Namen verdankt sie ihrem Vater, der aus Leeds kommt. Über den Umweg Spanien kam Nichols, die neben dem deutschen auch den britischen Pass besitzt, 2009 nach Berlin, um an der Ernst-Busch-Hochschule Schauspiel zu studieren.

Vor zwei Jahren erschien dann ihr erstes Album "I’m Fine", für das die Künstlerin bereits viel Lob bekam, insbesondere für den feministischen Song "Today I Choose Violence". Nichols ist sich sicher, dass man auch mit Musik an den Grundfesten des Patriachats rütteln kann.

Viele Projekte als großer Antrieb

 

Auf ihrer neuen Platte "Rette sich, wer kann" schlägt die Künstlerin aber auch ruhigere Töne an. Sie habe auch lernen müssen, dass sie trotz aller Energie, Kraft und Liebe in sich, nicht alles mit der Brechstange verändern kann, sagt Nichols.

Neben der Musik hat Nichols in Fernsehserien wie "Die Kanzlei", "Tatort" und "All You Need" mitgespielt. Außerdem ist die Deutsch-Britin aktuell im Berliner Renaissance-Theater in der Aufführung "Tartuffe" zu sehen. Zu viel wird das Nichols trotzdem nicht: "Ich habe gerade im aller positivsten Sinne das Gefühl, dass ich mitten im Auge des Tornados bin und gar nicht rationalisieren kann, was gerade alles passiert."

Singen, auch gegen die eigenen Abgründe

 

Trotzdem ist auch auf ihrem neuen Album nicht immer alles gut. Im Lied "Citalopram", der Name eines Antidepressivums, geht es um Depressionen. "Im Moment nehme ich keine Medikamente, hatte aber vor etwa drei Jahren eine extrem dunkle Zeit." Bei dem Song geht es Nichols auch darum, psychische Erkrankungen zu entstigmatisieren.

"Der Schrecken schwindet, wenn man darüber spricht", sagt die Künstlerin, die lange mit der Angst gekämpft hat, allein zu sein, auch schon als Kind, nachdem Nichols Vater unerwartet verstarb, als sie gerade 14 Jahre alt war. Inzwischen gelingt es ihr aber, besser mit ihren Abgründen umzugehen und diese sogar in ihrer Arbeit positiv umzuwandeln.