Kinder spielen auf einem Schulhof
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Interview - Forscher: Gesundheit sollte stärker an Schulen verankert werden

Schulkinder in Deutschland berichten zunehmend von psychosomatischen Beschwerden. Das zeigt die Studie "Health Behaviour in School-aged Children", die am Montag vorgestellt wurde. Studienleiter Matthias Richter sieht bei dem Thema auch die Politik gefordert.

Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen, Einschlafprobleme und Niedergeschlagenheit: Solche Beschwerden haben bei Schulkindern in Deutschland über die Jahre stark zugenommen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Health Behaviour in School-aged Children (HBSC"). "Das Bewegungsverhalten, die körperliche Aktivität der Kinder und Jugendlichen ist leider konstant schlecht", sagt Studienleiter Matthias Richter.

Ein weiterer Aspekt, der sich auf die Gesundheit auswirke, sei das Thema Mobbing. Es gebe dabei einen sehr engen Zusammenhang: "Je häufiger Leute gemobbt werden, umso schlechter ist ihre subjektive Gesundheit", sagt Richter, der eine Professur an der TU München innehat.

Richter: An den Schulen Kinder mit dem Thema Gesundheit erreichen

 

Um dem Trend entgegenzuwirken, müsse das Thema Gesundheit stärker an den Schulen verankert werden. "Hier ist die Politik gefordert." Schule sei der perfekte Ort, da man dort alle erreiche und "dort kann man die Kinder noch so weit bilden, dass es auch irgendwie für sie gesundheitsförderlich ausgestaltet werden kann".

Hintergrund

Die HBSC-Studie

Die Studie Health Behaviour in School-aged Children (HBSC) ist am Montag im Fachblatt "Journal of
Health Monitoring" veröffentlicht worden. Dafür wurden seit dem Schuljahr 2009/10 alle vier Jahre Elf- bis 15-Jährige befragt. Insgesamt füllten rund 22 000 Kinder und Jugendliche Fragebögen aus, davon rund 6500 bei der jüngsten Erhebung 2022.

Konkret gefragt wurden die Kinder, wie häufig sie in den vergangenen sechs Monaten zum Beispiel Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen hatten. Auch Niedergeschlagenheit, Nervosität oder Einschlafprobleme wurden abgefragt.

Insgesamt wurde im Rahmen der Studie ein kontinuierlicher Anstieg vielfältiger psychosomatischer Beschwerden beobachtet - zu denen etwa Bauch- oder Kopfschmerzen, Einschlafproblemen oder Gereiztheit gehören können. Einen deutlichen Sprung gebe es aber zwischen 2017/18 und 2022. "Das könnte u. a. auf die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zurückgeführt werden", heißt es in der Studie. Mit Blick auf weitere Untersuchungen wird zudem festgehalten, dass sich viele Jugendliche in Deutschland auch durch die Klima- und Energiekrisen sowie den Ukraine-Krieg belastet
fühlten.

Fragten die Forschenden die Kinder und Jugendlichen 2022 aber direkt nach ihrer Gesundheit, so ergaben sich beim Großteil gute Werte und eine hohe Lebenszufriedenheit. Allerdings gibt es auch hier Einschnitte: Der Anteil derjenigen mit eher schlechter subjektiver Gesundheit und einer niedrigen Lebenszufriedenheit sei im Vergleich zur Welle 2017/18 deutlich angestiegen.

Die HBSC-Studie wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützt, in Deutschland befasst sich ein Studienverbund an mehreren Standorten damit. Es geht jeweils um verschiedene Aspekte, etwa körperliche Aktivität und Mobbing.

International wurden erste Befragungen bereits in den 1980ern durchgeführt. Inzwischen sind mehr als 50 Länder in Europa sowie Nordamerika und über 450 Forschende beteiligt. Es sei eine der
größten Studien zur Kinder- und Jugendgesundheit weltweit, heißt es im "Journal of Health Monitoring". In einem Editorial werden als Herausforderungen der heutigen Zeit unter anderem die belastete mentale Gesundheit, der Umgang mit Krisen, der Einfluss sozialer Medien, der Klimawandel sowie die steigende soziale und gesundheitliche Ungleichheit genannt. dpa

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